Designer, Gründer, Familienpapa – Nick und der Wind des Wandels

Auf der Landkarte des Möbeldesigns ist Lemgo kein weißer Fleck. Auf der Landkarte unkonventioneller Künstler erst recht nicht. Keine 100 m vom legendären Junkerhaus entfernt treffen wir Nick Pyka, der mit seinem Label niroh eine erfrischend andere Perspektive in die Möbelbranche bringt.

Nick, du bist Gründer des Labels niroh und hast hier in Lemgo deinen Showroom. Wie würdest du beschreiben, was du tust?

Ich mache Kunst, Design und ein bisschen Gastronomie. Das baut alles aufeinander auf. An das Möbelmachen bin ich über das Thema Wohnen und Altbau gekommen. Denn ich finde es absurd, dass wir so viele Dinge wegwerfen. Meiner Meinung nach sollten Möbel über Generationen halten, deswegen habe ich angefangen, selbst welche zu entwerfen und zu bauen. Und wenn ich noch freier ran gehe, also künstlerischer und kreativer, geht das in Richtung Kunst, wobei das ein Stempel ist, den mir nur andere geben können. Um das Ganze physisch erlebbar zu machen, gehört für mich auch noch gutes Essen dazu und vor allem Menschlichkeit und Geselligkeit. Alles, wovon ich hier umgeben bin, hat etwas mit Menschen zu tun.

Steckt da auch die Botschaft drin, dass man ein bisschen genauer in die Welt schauen und nicht so oberflächlich mit den Dingen umgehen sollte?

Wir haben in unserer Ausstellung in Köln einen großen Tisch gezeigt, der genau das widerspiegelt. Die schönste Stelle an dem Tisch ist unten drunter. Da schauen die Menschen aber gar nicht hin. Wir sind einfach irre oberflächlich. Ich nehme mich da gar nicht aus. Bei genauer Betrachtung haben die Dinge oft mehr zu bieten und dafür setzte ich mich auf meine Weise ein.

Ist es dir ein Bedürfnis, immer in mehrere Richtungen zu denken? Dieser Ort hier ist ja auch gleichzeitig Laden, Werkstatt, Showroom, Gastro- und Eventlocation.

Am Ende will ich mir das Kind in mir nicht nehmen lassen und superfrei arbeiten. Nur weil ich mich heute für Möbel interessiere, heißt das nicht, dass ich mich morgen nicht in die Malerei stürze.

Lässt du dich von deiner Intuition leiten, welches Thema du gerade spannend findest?

Auf jeden Fall. Ich liebe Understatement und finde es langweilig, wenn man sofort alles sieht. Karl Friedrich Förster, mein früherer Chef bei KFF, hat immer gesagt, was heute gut ist, das ist morgen nicht unbedingt auch wieder gut. Also versuche ich immer über mein Handeln nachzudenken. Am Ende haben mich auch meine Kinder sehr verändert. Ich möchte für sie ein Stück weit diese heile, unbekümmerte Welt erhalten, die ich aus den Geschichten von Opa und Oma kenne und auch selbst noch erlebten durfte.

"Dann mache ich es besser selbst"

Noch einmal zu deinem Werdegang, du bist gelernter Bäcker, dann auf dem autodidaktischen Weg zum Thema Design gekommen und hast für KFF Möbel entwickelt?

Angefangen hat es tatsächlich damit, dass wir einen Altbau saniert haben. Irgendwann standen meine Frau und ich vor dem Problem, dass wir Möbel brauchten. Möbel, die ich toll fand, konnte ich mir nicht leisten und die, die noch ganz schön waren, wurden unter widrigen Umständen in Billiglohnländern hergestellt und sind auch nicht wirklich langlebig. Also habe ich gedacht, dann mach ich es besser selber. Es hat nicht lange gedauert, bis ich mit KFF in Verbindung kam. Es hat nicht lange gedauert, das stand mein Tisch auf der Salone in Mailand.

Aber noch unter dem Label KFF?

Richtig, die hatten gerade Asco gekauft und wollten die Tische unter einem eigenen Label führen. Ganz am Anfang habe ich auch noch selbst gefertigt, dann war ich nur noch Designer. Aber das hat mich eher getötet (lacht) weil ich natürlich als Autodidakt die normale Ausbildung nicht hatte. Wenn du Architektur, Innenarchitektur, Produktentwicklung studiert hast, gehst du ganz anders an die Aufgabe ran als ich es tue. Ich baue eigentlich immer direkt.

Das machst du jetzt mit deinem Label niroh. Wie lange gibt es das schon?

Seit zwei Jahren. Richtig gesehen wurden wir erst Anfang diesen Jahres. Mittlerweile glaube ich, dass es sogar ein Vorteil sein kann, das Möbeldesign nicht auf dem klassischen Weg gelernt zu haben. Dadurch gehe ich freier zu Werke. Ein bisschen kindlich zu werden ist gut, denn wenn ich zu verkopft bin und mir genau vornehme, was ich mache, wird es nicht anders als der Rest.

Warst du in deiner Kindheit eher fantasievoll oder normal?

Bei uns in der Familie ging es immer viel um Fußball, mein Vater hat es zu Hannover 96 geschafft und ich habe auch recht erfolgreich bei Preußen Hameln gespielt. Laut meiner Mutter saß ich aber am Anfang lieber auf dem Rasen und habe Gänseblümchen gezupft und mir daraus eine Kette gebaut. Wir sind ja hier in Lemgo Brake mit der Bega groß geworden und waren irre viel in der Natur. Bis 18 habe ich ganz viel gemalt und gezeichnet, es dann aber wegen dem Fußball aufgegeben. Mein Zimmer wollte ich immer genauso haben, wie ich es haben wollte und habe es mit Sachen ausgestattet, die ich gesammelt habe. Meine Steinesammlung ist mittlerweile riesig, es dürften einige tausend sein.

Du stehst auf Findlinge, habe ich gehört?

Genau. In meinem Alter und mit einem großem Grundstück erlaube ich mir den Luxus Findlinge zu sammeln. (lacht)

"Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir Initiative zeigen und dürfen uns nicht auf dem ausruhen, was die Generationen vor uns geschaffen haben."

Wie sieht für dich der perfekte Tag aus?

Ich stehe mit meinen Kindern, die 3, 4, und 7 Jahre alt sind, in Ruhe auf. Es ist keine Kita, keine Schule, meine Frau muss nicht arbeiten. Dann trinke ich mit meiner Frau einen Kaffee, den ich mit meiner alten Mühle selber gemahlen habe, während wir in die Ferne gucken. Wir hatten das Glück, ein alleinstehendes Bauernhaus kaufen und umbauen zu dürfen. Dann machen wir einen ganz, ganz ausgedehnten Spaziergang und finden uns irgendwann im Garten wieder, vielleicht zeichne und male ich ein bisschen mit meiner Tochter und mit meinem Sohn, der inzwischen pro Tag ungefähr 10 Bilder malt. Abends lasse ich den Tag bei einem Lagerfeuer und einem schönen Glas Wein mit meiner Frau zu zweit ausklingen. Ich liebe meine Freunde und meine große Familie, aber am zufriedensten bin ich in meiner kleinen Welt mit meinen Kindern und meiner Frau.

Hast du das Gefühl, dass du deinen Kindern und der kommenden Generation etwas mitgeben kannst?

Ich glaube, es würde uns gut tun, wenn es wieder mehr Bäckerinnen und Bäcker, Zimmerfrauen und Zimmermänner gäbe. Aber die haben wir nicht mehr, weil das Handwerk stirbt. Damit würden wir aber mehr verändern, als wenn wir uns mit Kleber auf die Straße haften.

Wie meinst du das?

Ich habe in Köln mal gesehen, wie sich Aktivisten mit Jacken von Adidas, Rucksäcken von Jack Wolfskin, Schuhen von Nike, also mit Klamotten, die in Billiglohnländern hergestellt werden, auf die Straße geklebt haben. Ich finde das einfach nicht so ehrlich. Aber ich weiß es auch nicht, ich bin ja auch nicht superschlau, ich gehe ganz einfach an die Dinge ran. Ich glaube jedenfalls Handwerk wäre das größte, was wir für unsere Zukunft tun können, damit wir es nicht verlieren.

Siehst du deine Aufgabe darin, vorzuleben wie man es machen kann?

Durch meine Geschichte, erst Bäcker, dann Designer, Künstler und so weiter glaube ich schon, dass ich ein Beispiel sein kann, dass zu tun, was man liebt. Ich glaube daran, dass jeder eine besondere Begabung hat. Wenn er die gefunden hat, kommt Geld irgendwann von selbst. Geld als erste Motivation wird nie dazu führen, dass man ein erfülltes Leben hat. In Deutschland steht Wirtschaftlichkeit leider über allem. Weil es nicht wirtschaftlich ist, eine alte Treppe aufzuarbeiten, bauen wir lieber eine schlechtere und reißen die alte ab. Das gilt ja sogar für ganze Gebäude. Da baut man lieber ein neues Schrottding, das vielleicht 15 Jahre hält. Das kann nicht unsere Zukunft sein.

Apropos Zukunft, gibt es etwas, wovor du Angst hast?

Es gibt gesellschaftliche Entwicklungen die mir Sorgen machen, aber Angst in dem Sinne von Existenzangst, weil das, was ich tue eine Unsicherheit mit sich bringt, habe ich nicht.

Hast du Vertrauen in deine kreative Energie, in jeder Situation angemessen zu reagieren?

Ich glaube, es ist von Vorteil, wenn man weiß, dass man auch ein ganz bescheidenes Leben führen kann. Wir haben bei uns auf dem Grundstück einen alten Zirkuswagen. Ich weiß, wenn ich alles verlieren würde, könnten wir mit den Kindern darin leben. Die brauchen sowieso nur Liebe, uns und ein aufregendes Leben und das haben sie sowieso. Wir würden mit 500 Euro klarkommen. Außerdem weiß ich, dass ich durch unsere große Familie, die zusammenhält, immer aufgefangen werden würde. Wenn ich mir manche Familiendynastien angucke, scheint Geld eher das Problem zu sein. Deshalb wünsche ich mir, dass ich nie zu viel Geld komme, weil es Menschen verändert, vor allem wenn sie glauben, dass es wichtiger ist als zwischenmenschliche Beziehungen.

Welche drei Werte sind wichtig für dich?

Da denke ich sofort an die Werte, die uns unser Papa vermittelt hat. Als erstes Ehrlichkeit, deshalb bin ich auch nicht immer so einfach für meine Freunde und Familie. Dann Einfühlungsvermögen und Empathie für Menschen und Tiere. Und auch so etwas wie Anpacken, wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir Initiative zeigen und dürfen uns nicht auf dem ausruhen, was die Generationen vor uns geschaffen haben.

Kunst muss was machen – Nick und der Wind des Wandels

In Teil (2/2) unseres Interviews mit Nick Pyka haben wir das Vergnügen ein Blick in sein Atelier werfen zu dürfen. Später sprechen wir beim Kaffee über niroh und die Handwerkskunst.

Gibt es für dich Künstler, die dich beeindrucken und vielleicht auch beeinflußen?

Klar, zum Beispiel Karl Junker, der 50 m von hier sein Haus geschnitzt hat. Er wurde zu seiner Lebzeit mit Tomaten beworfen, erst vor einigen Jahren hat man sein Tagebuch gefunden und festgestellt, dass er alles andere als verrückt war. Er war seiner Zeit weit voraus. Das Haus wirkt zwar düster, aber wie es aufgebaut ist, auch architektonisch, wie das Licht einfällt, ist großartig. Es gibt dort auch viele Freskomalereien, die er sich auf seinen Italienreisen abgeguckt hat.

Dann wurde Junker erst posthum als Künstler entdeckt?

Das Haus stand jahrelang leer, es heißt, und das finde ich unglaublich, dass man sich bei der Nachbarin den Schlüssel holen konnte. Hippies und junge Leute haben da Kerzen angemacht und Parties gefeiert. Junkers Art der Kunst, ich nenne sie „Unkunst“ finde ich spannend. Kinder, Menschen mit Beeinträchtigung oder ohne jegliche Kenntnisse sind oft freier im Ausdruck. Pablo Picasso sagte, dass er erst 80 werden musste, um wieder zu malen wie ein Kind. Er war natürlich ein großer Künstler und so werde ich wahrscheinlich nie malen können. Trotzdem steht mir die Welt ja offen. Mit Kohle und Stiften, die kaum Geld kosten, kann jeder Kunst machen.

Jeder Mensch ist ein Künstler, sagt Joseph Beuys. Trotzdem muss man sich ja auch erstmal hinstellen und sagen, was ich hier mache, ist Kunst. Woher nimmst du den Mut?

Mir fehlt es an vielen Dingen, aber nicht an Selbstbewusstsein. Ich glaube, dass das für den Werdegang eines kreativ schaffenden Menschen hilfreich ist. Es hätte mir mit Sicherheit auch geholfen, wenn ich eine Ausbildung als Tischler, Schreiner oder Maler gemacht hätte, aber das ist immer auch eine Einengung. Jetzt kann ich frei arbeiten und Installationen machen. Ob ich das kann oder nicht, ist mir mittlerweile eher egal. Das möchte ich auch jungen Menschen mitgeben: Seid selbstbewusst und glaubt an euch.

"Die richtig großen Künstler wie Anselm Kiefer oder Georg Baselitz sind nicht einfach nur gute Maler, sie haben eine Message."

Was ist für dich überhaupt Kunst?

Wenns nur dekorativ ist, dann ist es Deko oder bestenfalls Design. Kunst muss irgendwas machen. Wenn man zum Beispiel Caspar David Friedrich nimmt, der im Moment als Romantiker wieder in aller Munde ist, dann sieht man, was bei ihm die Kunst macht, er hat nämlich schon ganz früh verstanden, dass wir die Natur anders schätzen sollten.

Spielt Natur für dich auch eine wichtige Rolle?

Ich benutze nur natürliche Pigmente, bringe mir auch gerade bei mit Knochenleim zu untermalen. Und dann male ich bewusst figurativ. Ich liebe abstrakte Kunst, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das besser machen kann. Ich suche nach meinem eigenen Ausdruck. Dabei lasse ich mich treiben und am Ende kommt immer was anderes heraus, als ich vorher gedacht habe.

Glaubst du, dass dies eine gute Zeit für Künstler ist?

Ich glaube die richtig großen Künstler wie Anselm Kiefer oder Georg Baselitz waren nicht einfach nur gute Maler, davon gibt es viele. Sie hatten eine Message und deshalb sind sie in ihrer Zeit oft angeeckt. In Deutschland ist man häufig nicht bereit für Kritik oder einen anderen Blick. Heute rollen sie Anselm Kiefer den roten Teppich aus, aber früher war hier sehr unzufrieden und Georg Baselitz wohnt auch nicht ohne Grund in Salzburg. Aber keine Angst, ich fühle mich total wohl in Lemgo.

"Wo alles immer gradliniger wird, brechen unsere Drechselformen das auf. Ich will altes Handwerk in einen neuen Kontext stellen."

Kommen wir zum Schluss nochmal auf niroh. Ihr wart auf der imm in Köln, bzw. bei den Passagen. Wie war die Reaktion?

Wir waren schon letzten Juli auf der ersten imm nach Corona. Dafür haben wir viel Geld in die Hand genommen, sind aber nicht so richtig in Erinnerung geblieben. Jetzt haben wir uns bewusst gegen das Messegelände entschieden und waren in der Galerie Falko Alexander im belgischen Viertel, eine top Adresse. Das ganze Team Weckesser hat den Weg auf sich genommen, und uns besucht. Da Kai Weckesser gut vernetzt ist und es direkt gepostet hat, hat das für ein gewisses Aufsehen gesorgt. Ich habe dort auch interessante Leute aus der Kunstbranche kennengelernt. Bisher konnte ich meine Arbeiten noch nicht richtig zeigen. Ich wollte sie aber unbedingt mit reinnehmen, auch weil mein Chef früher immer gesagt, man könne Kunst und Design nicht mischen. Ich will zeigen, dass das sehr gut geht.

Gibt niroh einen Impuls neu über das Möbelmachen nachzudenken?

Die letzten Jahre waren die Möbeljahre schlechthin, da wurde viel Geld verdient. Das ist jetzt vorbei und die Branche verändert sich auch durch den Onlinehandel rasant. Zum Glück verändert sich in diesem Zuge auch das Denken der Konsumenten. Es gab in den letzten Jahren so viel neues Design, dass keiner mehr richtig durchgeblickt hat und es oftmals auch nicht mehr richtig ehrlich war. Wir wollen bewusst möglichst große Transparenz, bewusst selber fertigen, weil wir es dann in der eigenen Hand haben. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass der Kunde teure Möbel geliefert bekommt und die schlecht gefertigt sind.

Nochmal zu eurer Struktur. Das Design macht ihr hier selbst?

Bisher war das Volumen so, dass wir hier in kompletter Eigenleistung fertigen konnten, manchmal kam noch Franz dazu, unser Altmeister im Drechseln. Das Design lag bei mir, unser junger Tischler hat jetzt aber auch das erste Design abgeliefert und wir haben ein Autorendesign für dieses Jahr aus einer fremden Feder, weil ich jungen Designerinnen und Designern eine Chance geben möchte. Das hatte ich mir ja auch immer gewünscht. Noch haben wir gute Tischlereien in der Region und die wollen wir einbinden. Wenn wir zum Beispiel Steckverbindungen selbst fräsen würden, dann würde ein Hocker einfach zun teuer. Da bauen wir uns jetzt gerade komplett auf, inklusive Fertigung.

Das heißt, ihr konzentriert euch auf das Wesentliche?

Wir wollen vor allem das Kunsthandwerk selbst machen, also die Oberflächen und Drechselteile, weshalb für mich auch Kunst und Design zusammengehören. Meine Bilder und Objekte stehen nicht im niroh Katalog, trotzdem können Möbel und Kunst super nebeneinander bestehen. Letztlich wohnt ja auch kein Mensch mit nur einer Marke. Deshalb finde ich es interessant, auf Messen oder in Galerien nicht nur niroh Sachen zu zeigen. Ich sehe immer zu, dass ich Arbeiten von einer Künstlerin oder einem Künstler hier aus der Region dazustelle oder auch ein Objekt aus meiner Feder oder von Johnny. Einfach, um das Konzept aufzubrechen.

Sehen wir hier kuratierte Designermöbel von mehreren Labels?

Ja, aus unserer Historie heraus vertreiben wir Möbel von KFF und Asco, für die ich gearbeitet habe. Alles, was ihr hier steht, kann man kaufen. Wir sitzen zum Beispiel gerade an einem Januar Tisch, einem Label aus Süddeutschland, das mit Freifrau zusammenarbeitet. Die haben den gleichen Ansatz wie wir: Der Tisch hält für immer. Das ist gutes Design, damit habe ich überhaupt kein Problem, im Gegenteil, ich möchte Labels hier haben, die den gleichen Ansatz verfolgen.

Gibt es ein Möbel, das euer Bestseller ist und könntest du uns die handwerklichen Besonderheiten erklären?

Ja klar, zum Beispiel unser modulares Tischsystem. Es gab so ähnliche Designs schon in der Vergangenheit, aber wir haben das jetzt ganzheitlich interpretiert, sodass es aufeinander aufbaut. Den Grundtisch gibt es zur Zeit in vier Varianten, dadurch kann man den Tisch leicht variieren, zum Beispiel indem die Form nicht mehr so abgerundet ist, sondern etwas brutalistischer. Gedrechselte Möbel sehen wir ja heute kaum noch, jeder kennt aber die alten Treppen. Wo alles immer cleaner und gradliniger wird, brechen unsere Drechselformen das auf. Ich will altbewährtes Handwerk in einen neuen Kontext stellen. Auch den Ansatz von Denkmal in Deutschland beziehe ich bewusst mit ein. Die Verbindung von alt und neu macht für mich absolut Sinn. Man sollte nicht versuchen die Treppe aus dem 16 Jahrhundert 1:1 wieder einzubauen, sondern den Kontrast dazu bringen. Organisch meets gerade. Das ist ein Ansatz, den ich anstrebe.

Spielt das Thema Vollholz eine Rolle? Hier zum Beispiel bei dem Tisch? Ist das ein Stück?

Das sind mehrere Stücke aneinander geleimt, das trägt der Tatsache Rechnung, dass wir alle Reste verwerten. Bei uns bleibt außer ein bisschen Späne nichts übrig. Wenn wir von einem etwas größeren Tisch ausgehen, den ich in 3,20 m für den Kunden fertigen muss, kaufe ich das Holz in 3,40 oder 3,60 m, dann habe ich schon mal Abschnitte, die ich zusammenleimen und aus denen ich Drechselteile machen kann. Da arbeite ich im ersten Design in 55-mm-Schritten, der Tisch hat am Ende 38,5 cm. So baue ich die Module ein, da geht also schon viel weg. Für mich macht es auch wirtschaftlich keinen Sinn ein Teil hohl zu machen, das überlassen wir der Industrie. Niroh hat rein gar nichts mit industrieller Fertigung zu tun.

Kann man die Möbel, die im Katalog stehen, bestellen?

Oh ja.

Auch direkt bei euch?

Das bauen wir gerade auf. Wir wollen direkt für unsere Kunden da sein. Aber es ist auch klar, dass über den Online-Shop so gut wie nichts geht und das wird auch so bleiben, weil man so hochwertige Möbel berührt haben muss, davon leben wir am Ende. An diesem gedrechselten Element will ich zum Beispiel zeigen, dass man nicht unbedingt lackieren muss, sonder auch mit Farbpigmenten arbeiten kann. Holz muss atmen, in der Heizperiode kriegt das Holz feine Risse, die dann im Frühjahr nicht mehr zu sehen sind. Wenn man sich für echtes Holz entscheidet, muss man auch damit leben, dass sich es sich durch Sonneneinstrahlung oder Gebrauch verändert. Ich finde, es wird dadurch sogar schöner und authentischer.

Wie siehts du die Zukunft von niroh, ist das jetzt euer Labelname, der so bleibt?

Die Idee war mal das Label Rohdesign zu nennen, ich fand es aber kontraproduktiv das Wort Design im Namen zu haben, außerdem wurde der schon mal bei Asco verwendet. Also haben wir Nick und Rohdesign zusammengebracht und sind jetzt niroh, übrigens bewusst mit einem verdrehten r, weil ich das Label etwas spielerisch machen möchte. Der Markt ist traditionell nicht so locker, deshalb wollen wir bewusst anders sein. Unser Ziel ist nicht, riesengroß zu werden, dafür wollen  wir für immer gut, ehrlich und ressourcenschonend handeln. Wir wollen das Nachhaltige, das an jeder Ecke beschworen wird, ernsthaft leben.

Hast du auch Resonanz vom Handel bekommen?

Ja, Weckesser findet den Ansatz spannend und auch noch ein paar andere.  Wir haben jetzt drei neue Händlerinnen und Händler und führen noch mit zwei, drei anderen Gespräche. Dann stehen wir am Ende des Tages vielleicht in fünf guten Häusern in Deutschland und haben für dieses Jahr unser Ziel erreicht, denn damit wird unser Konzept vervielfältigt.

Das ist der perfekte Schlusssatz. Danke Nick und weiterhin viel Erfolg mit niroh.

"Wir stehen für das Umdenken, das gerade stattfindet. Es muss nicht immer alles neu und billig sein, Verschwendung geht gar nicht mehr und handwerkliche Qualität ist das Nonplusultra, wenn man Werte erhalten und schaffen will. Das ermutigt uns, positiv in die Zukunft zu blicken.

Das Interview wurde am 31. Januar 2024 in den Räumen der Rohdesign GmbH in Lemgo geführt.
Im Gespräch: Jörg Rosenstengel und Nick Pyka vom Label niroh
Fotografie: Katrin Biller

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