Aus Alt mach Neu an der Altbiergrenze

Ein kühler Montagmorgen Ende Oktober. Es ist frisch und zwischen den Stämmen der mächtigen Pappeln schweben Nebelbänke über dem grauen Strom. Alle paar Minuten spuckt die Rheinfähre Langel-Hitdorf ein paar dampfende Autos aus. Wir befinden uns im Norden Leverkusens an der Altbier-Grenze. Hier, wo gerade noch Kölsch getrunken wird, treffen wir Dieter Annison, um mit ihm über seine Vorliebe für kurze Ärmel, Jet-Skies, den Rhein und das Geheimnis von Reitz Retrofit zu sprechen.

Herr Annison, Sie sind überzeugter Leverkusener. Hat Leverkusen eigentlich einen eigenen Stolz? Also im Vergleich zu Köln oder Düsseldorf?

Nein, wir sind einfach nur mittendrin. Früher war ganz Leverkusen Bayer. Als ich meine Lehre gemacht habe, haben 36.000 Leute im Unternehmen gearbeitet. Also praktisch die ganze Stadt. Heute hat Leverkusen 120.000 Einwohner, das Zentrum ist überschaubar. Das ist nichts Berauschendes.

Also fährt man ohne Bauchschmerzen zu den Nachbarn nach Köln oder Düsseldorf?

Ja, das lohnt sich ja auch, weil die Bahnanbindung hier sehr gut ist. In 20 Minuten ist man in der Kölner Altstadt und in 40 Minuten in Düsseldorf. Als wir unser Boot noch hatten, sind wir damit im Sommer abends öfters mal ins Restaurant nach Köln oder Düsseldorf gefahren.

Jetzt nicht mehr?

Nein, das Boot haben wir verkauft. Es stand meistens nur in der Garage und bei schönem Wetter ist es auf dem Rhein so voll wie auf der Autobahn. An allen Anlegestellen Stau. Stattdessen haben wir uns ein Jet-Ski gegönnt. Das macht wieder richtig Spaß. Vor allem besteht keine Gefahr, dass einer mitfahren will.

Warum nicht?

Mit 255 PS hat das Teil ordentlich Beschleunigung, von 0 auf 100 in vier Sekunden. Da muss man schon einen Neoprenanzug anziehen, wenn man nicht völlig durchnässt und halberfroren wieder an Land gehen will.

Apropos halberfroren. Es heißt, dass Sie selbst im tiefsten Winter nur kurzärmelige Sachen tragen. Kommen da Ihre englischen Gene zum Tragen?

Nein, einfach weil mir immer warm ist, deswegen. Klar, bei Schnee und Frost ist mir auch mal kalt, dann habe ich aber trotzdem über dem T-Shirt nur eine relativ dünne Jacke an, nicht wie die anderen das ganze Winterpaket mit 7 Schals oder so. Ich würde ja auch gerne mal einen Pullover tragen. Aber ich habe keinen. Zuhause ist das manchmal gar nicht so einfach. Meine Frau sitzt in Decken eingemummelt auf dem Sofa und ich mit kurzer Hose und T-Shirt daneben an der offenen Tür. Und trotzdem ist mir immer noch heiß.

Kommt das in Ihrer Familie häufiger vor?

Meine Söhne sind genauso, ja. Wenn ich im Herbst mit meinem Hund den Rhein entlang radle, erkennen mich meine Bekannten schon aus größerer Entfernung: das ist doch Dieter mit der kurzen Hose und dem T-Shirt.

Der Rhein ist ein Teil Ihres Lebens?

Auf jeden Fall, schon in unserer Jugend haben wir sehr viel Zeit am Fluss verbracht. Wir haben Treibholz gesammelt, Feuer angezündet, Bier getrunken. Im Fluss geschwommen sind wir damals noch nicht. Da war noch zu viel Dreck im Rhein, auch von unserem Arbeitgeber Bayer. Heute ist das Wasser wieder gut, der Fischbestand hat sich erholt und man kann bedenkenlos reingehen und Schwimmen.

Sie sind mit 12 Jahren nach Leverkusen gekommen. Sie sind eigentlich Engländer?  

Nein, ich bin nur in England geboren und mit sechs Jahren nach Deutschland gekommen. Mein Vater war Engländer, meine Mutter Deutsche. Da mein Vater bei der Royal Air Force gearbeitet hat, sind wir viele Jahre von einer Base zur nächsten durch Deutschland gezogen. Von sechs bis zwölf bin ich insgesamt 18- mal umgezogen. Als seine Berufssoldatenlaufbahn beendet war, hat mein Vater eine Anstellung bei Bayer angenommen. Seitdem lebe ich hier.

War es klar, dass Sie auch eine Ausbildung bei Bayer machen würden?

Ja, damals war das so. Mein Vater hat bei Bayer gearbeitet, mein Bruder und alle meine Freunde haben dort gelernt. Ich selbst habe 3 1/2 Jahre eine Ausbildung zum Technischen Zeichner gemacht und danach 3 Jahre im Betrieb gearbeitet. Als ich mehr Geld wollte, fanden die das keine gute Idee. Also habe ich mich in der Mittagspause woanders beworben und um 14 Uhr gekündigt.

 

"In unserer Jugend haben wir sehr viel Zeit am Fluss verbracht. Wir haben Treibholz gesammelt, Feuer angezündet, Bier getrunken."

Dann war es damals kein Problem als technischer Zeichner einen Job zu finden?

Überhaupt nicht, vor allem mit der Ausbildung bei Bayer, die einen sehr guten Ruf hatte.

Sie haben dann viele Jahre erfolgreich im Anlagenbau gearbeitet, vor allem Müllverbrennungsanlagen geplant und realisiert. Wie kam die Verbindung zu Reitz zustande?

Schon Gustav Breder wollte unserem damaligen Unternehmen Ventilatoren verkaufen. Da waren allerdings noch unsere Stuttgarter Kollegen zuständig, die die Gebläse woanders bezogen haben. Als sein Sohn Ulrich Breder später nachhakte, waren wir zuständig und hatten gerade sieben Anlagen in der Planung. Weil Herr Breder uns ein überzeugendes Angebot gemacht hat, haben wir die nächsten 18 Jahre alle Ventilatoren bei Reitz gekauft.

Und warum sind Sie 2010 bei Reitz eingestiegen?

AE+E, so hieß mein österreichischer Arbeitgeber, wollte die Standorte Köln und Düsseldorf zusammenlegen.

Wo ist das Problem?

(lacht) Düsseldorf und Köln geht ja wohl gar nicht. Aber Köln wurde dann auch komplett dichtgemacht. Ich habe mich daraufhin bei unseren Lieferanten verabschiedet und Ulrich Breder angerufen. War nett mit euch, aber zukünftig machen wir nichts mehr zusammen, weil es uns nicht mehr gibt. Zwei Stunden später rief er zurück und sagte: „Ich habe da mal so eine blöde Idee …“

Dann sind nach Höxter?

Genau, mitten im Sommer, ich hatte gerade Urlaub und dachte mir, hörst du dir mal an, was der Ulrich Breder für eine blöde Idee hat. Also bin ich montagsmorgens in kurzer Hose und T-Shirt in meinen Opel GT gestiegen, ich hatte ja Urlaub, und war mittags da. Einen Monat später habe ich schon bei Reitz angefangen. Es ging sofort um einen konkreten Modernisierungsauftrag für die Müllverbrennungsanlage in Bonn. Angenehm war, dass er mir völlig freie Hand gelassen hat, wo ich mein Büro beziehe. Natürlich wollte ich trotz der landschaftlichen Reize des Weserberglandes doch lieber etwas zentraler bei mir zuhause in Leverkusen bleiben.

Heute ist Reitz Retrofit eine erfolgreiche Tochtergesellschaft von Reitz, sie haben 5 Mitarbeiter und planen Modernisierung von Anlagen im siebenstelligen Euro-Bereich. Gibt es ein Erfolgsgeheimnis, das Sie uns verraten können?

Wir besuchen bei jeder Anfrage den Kunden persönlich, weil man dann alles besser besprechen kann. Außerdem beherzigen wir auf diese Weise den Leitsatz von Peter Godermeier, dem Geschäftsführer von Reitz Ventilatoren: „Wenn ich beim Kunden sitze, sitzt kein anderer da.“ Das heißt, ich fahre rund 50.000 km im Jahr und bin der Meinung, dass sich jeder einzelne lohnt, weil aus einer einfachen Anfrage für ein Gebläse oft genug ein umfangreicher Auftrag entsteht. Weil wir grundsätzlich jede Anfrage ernst nehmen und immer direkt und umfassend beraten. Von keinem anderen Anbieter bekommt der Kunde ein so komplettes und detailliertes Angebot. Dabei hilft uns unsere Verbindung mit Reitz sehr.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was wäre das?

Neben Glück und Gesundheit für mich, meine Familie, Freunde, Mitarbeiter würde ich mir wünschen, dass Bayer Leverkusen deutscher Meister wird, was aber niemals passieren wird. Seit dem Bundesligaaufstieg 1979 gehe ich mit meinen Freunden regelmäßig ins Stadion. Als ewiger Vizekusener hätte ich da doch nochmal richtig Freude dran.

Herr Annison, vielen Dank für das Gespräch.

"Neben Glück und Gesundheit würde ich mir wünschen, dass Bayer Leverkusen deutscher Meister wird, was aber niemals passieren wird. Seit dem Bundesligaaufstieg 1979 gehe ich mit meinen Freunden regelmäßig ins Stadion. Als ewiger Vizekusener hätte ich da doch nochmal richtig Freude dran."

Das Gespräch mit Dieter Annison wurde im Oktober 2019 in Leverkusen geführt. Fotografie: Katrin Biller

Dieter Annison ist Geschäftsführer der Reitz Retrofit GmbH & Co KG. Reitz Retrofit ist auf die Modernisierung und Ertüchtigung von Industrieanlagen wie Müllverwertungsanlagen spezialisiert und ein Tochterunternehmen der Reitz Group mit Hauptsitz in Höxter, Nordrhein-Westfalen.

Reitz Retrofit GmbH & Co KG
Röttgerweg 12
51371 Leverkusen
reitzretrofit@reitzgroup.com

 

 

 

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